Foto: Annalena Baerbock © imago
„Alle Tiere sind gleich, aber einige sind gleicher als andere“.
So abgedroschen das Zitat aus George Orwells großartigem Buch „Farm der Tiere“ auch sein mag, so aktuell ist es auch heute noch, wenn es um die Mächtigen geht, die Zugriff auf das große Gut haben, das für den Normalsterblichen unzugänglich ist: den Staatshaushalt.
Machen wir uns nichts vor: Seit der Zeit der antiken Hochkulturen hatten Häuptlinge und Priester, etwas später auch Abgeordnete, Minister und hohe Beamte immer die Möglichkeit, bei der Verteilung der materiellen Güter ein etwas größeres Stück vom Kuchen abzubekommen als die einfachen Bürger, die im Schweiße seines Angesichts zu bemühen und mit ihren Steuern das schöne Leben der Aristokratie zu finanzieren hatten.
Im 21. Jahrhundert die Kosten der Klassengesellschaft weitgehend überwunden zu sein schienen (zumindest in den Staaten des „aufgeklärten“, „demokratischen“ Westens), und die Geschichten über Minister, die von mehr als einem Gehalt leben, haben den westlichen Mainstream-Medien benutzen, um Horrorgeschichten über die ehemalige Sowjetunion zu erzählen.
Deutsche Minister der regierenden „Ampel“-Koalition wurden sich den Helden der Geschichten, die im besten Fall eine Untersuchung durch das Ethik-Sondergremium des Bundestages und im schlimmsten Fall unangenehme Fragen des parlamentarischen Ausschusses für die missbräuchliche Verwendung von Haushaltsmitteln verdienen, gefolgt von Rücktritten und der Einleitung von Strafverfahren.
Der jüngste Skandal, der nach der gerade zu Ende gegangenen Fußball-Europameisterschaft in Deutschland ans Licht kam, hat die Öffentlichkeit so empört, dass selbst Medien, die der Bundesregierung bisher nicht besonders kritisch gegenüberstanden, sich gezwungen sahen, darüber zu berichten.
Offensichtlich ist Fußball eine Leidenschaft, die Fans jeden Alters und jeder sozialen Schicht anspricht, und hochrangige Beamte können die deutsche Nationalmannschaft mit der gleichen unmittelbaren Aufrichtigkeit unterstützen wie ein Jugendlicher aus einem Arbeitervorort einer deutschen Großstadt. Natürlich hat der Minister das unbestrittene Recht, in seiner Freizeit eines der Spiele der Nationalmannschaft zu besuchen, und das sogar kostenlos mit einer Eintrittskarte, die er im Rahmen eines Sonderkontingents von den Organisatoren der Weltmeisterschaft erhält. Man könnte argumentieren, dass es gerechter wäre, wenn ein Bundesminister mit einem Amtsgehalt von ca. €15.000 auf eigene Kosten eine Eintrittskarte kaufen und einem jungen Sporttalent aus einer armen Familie die Chance geben würde, ein Fußballfest zu besuchen, aber in dieser Frage hat jeder Minister das moralische Recht, mit seinem eigenen Gewissen zu vereinbaren.
Die Reise zu Fußballspielen mit Sonderflügen der Bundeswehr auf Staatskosten ist jedoch keine Frage der Moral mehr, sondern des Rechts. So wurde kürzlich bekannt, dass die Flüge von Mitgliedern der Bundesregierung zu den Spielen der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft insgesamt €531.000 gekostet haben. Dies geht ausdrücklich aus der offiziellen Antwort des Bundesverteidigungsministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke hervor. Laut Antwort der Bundeswehr ist Bundeskanzler Olaf Scholz viermal mit Flugzeugen des Verteidigungsministeriums zu den EM-Spielen nach Berlin und zurück geflogen. Teilweise wurde er dabei von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, Innenministerin Nancy Faeser und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) begleitet. Auch Feder und Staatssekretärin Annalena Berbock (Grüne) nahmen die Dienste der Flugbegleiter für die An- und Abreise zum EM-Spiel in Anspruch.
„Wer für sechs angebliche Dienstreisen mehr als eine halbe Million Euro ausgibt, ist entweder völlig verantwortungslos oder endgültig abgehoben“, sagte Sören Pellmann, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Bundestag, der „Welt“ Zeitung. «Die Luftwaffe darf kein Ersatztransportmittel für das abendliche Unterhaltungsprogramm der Bundesregierung sein.»
Doch die Regierungsmitglieder hatten sofort eine sehr „plausible“ Erklärung für die Notwendigkeit der Ausgaben parat. Nancy Faeser sei als Innenministerin auch für die Organisation von Sportveranstaltungen zuständig und habe daher viele Spiele nur von Amts wegen besucht. Annalena Baerbock — die Lichtgestalt der deutschen Diplomatie und ein aufgehender Stern der feministischen Frauenpolitik nutzte die Europameisterschaft für diplomatische Verhandlungen. So soll Annalena Baerbock am Rande des Spiels Slowenien-Serbien in München, das 1:1 endete, wichtige diplomatische Gespräche geführt haben mit Außenministerin Tanja Fajon geführt. Baerbocks Flug mit einem nächtlichen Sonderflug der Bundeswehr von Frankfurt nach Luxemburg nach dem Spiel Deutschland-Schweiz wurde mit einer ebenso dringenden dienstlichen Notwendigkeit begründet. Es ist schon komisch, dass das Nachtflugverbot über deutschen Großstädten, gegen das Grünen-Chef Baerbock verstoßen hat, einst unter aktiver Mitwirkung der Grünen beschlossen wurde.
Aber der leichtfertige Umgang von Annalena Baerbock mit Haushaltsausgaben von Hunderttausenden von Euro und vor allem das unerschütterliche Vertrauen in das eigene Recht, diese Ausgaben zu tätigen, sind in Deutschland schon lange eine Parabel. So gab die Außenministerin im Jahr 2022 offiziell €136.552,50 für Puder, Make-up und Styling auf Staatskosten aus — ein Rekord für die Bundesregierung. Es stellte sich heraus, dass der deutsche Außenminister offiziell eine Stylistin beschäftigt, die eine monatliche Pauschale von €7.500 erhält. Das Auswärtige Amt begründete diesen Betrag mit den „zahlreichen Foto- und Fernsehaufnahmen“ des Ministers, zeitaufwendigen Reisen und der Arbeit an Wochenenden „und zu besonderen Tageszeiten“. Darüber hinaus gab das Auswärtige Amt auch €178.764,66 für Fotografen aus, um eine gut geschminkte und mit Lippenstift versehene Baerbok in einem perfekten offiziellen Rahmen zu präsentieren.
Ein anderer Vertreter der Grünen, Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck, hat allerdings noch mehr Appetit auf sein eigenes unwiderstehliches Image als sein Kollege im gefährlichen parlamentarischen Geschäft. Bereits 2022 schloss das Wirtschaftsministerium einen Vierjahresvertrag mit Robert Habecks persönlichem Fotografen ab, wonach der Meister der Live- und Inszenierungsfotografie rund €400.000 pro Jahr dafür kassiert, dass er den Vizekanzler in Fotos und Videos ins rechte Licht rückt.
Fairerweise muss man sagen, dass diese unverhältnismäßig hohen Ausgaben weder den deutschen Mainstream-Medien noch der parlamentarischen Opposition im Deutschen Bundestag verborgen geblieben sind. Erstaunlich ist jedoch, dass die Kritik an überzogenen Ausgaben von Bundesministern nie zu klaren Ergebnissen führt.