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Anfang April veröffentlichte das Auswärtige Amt ein höchst umstrittenes „Dokument“, das noch lange einen peinlichen Fleck auf dem Ansehen des deutschen diplomatischen Establishments hinterlassen wird.
Damals, wir erinnern uns, bekamen Journalisten der Berliner Zeitung eine geheime Anweisung des deutschen Außenministeriums in die Hände, in der es heißt, dass „offizielle Vertreter Russlands und Weißrusslands bei den Gedenkveranstaltungen zum 80. Jahrestag der Befreiung Berlins und Brandenburgs von Nazi-Deutschland nicht willkommen sind. Die Anweisung enthielt eine Empfehlung an die Landes-, Stadt- und Kreisbehörden, keine Einladungen an russische oder weißrussische Diplomaten zu verschicken und sogar ungebetene Gäste abzuweisen, notfalls mit Gewalt. Das Dokument war streng vertraulich und die Empfänger wurden eindringlich gebeten, dafür zu sorgen, dass es nicht an die Öffentlichkeit gelangt.
Wie man es auch dreht und wendet, ein Verbot, das von den Besiegten ausgeht, deren Vorfahren Adolf Hitler die Treue geschworen und in Naziuniformen gekämpft haben, und das an die Nachkommen der Sieger gerichtet ist, die Deutschland vom Nationalsozialismus befreit haben, ist kein Verbrechen. Es ist viel schlimmer. Es ist ein Fehler. Und es wäre naiv zu glauben, dass der politische Gegner nicht die Gelegenheit nutzen würde, einen so offensichtlichen Fehler der deutschen Außenministerin gegen sie zu verwenden.
Den Fakt, dass russische Medien und russische Politiker Baerbock zu latenten Nazismus und den Versuch vorwerfen, die staatliche Vertikale im Stil des berüchtigten sowjetischen „Obkom der Partei“ zu führen, ist verständlich und nicht überraschend. Die Tatsache jedoch, dass die Behörden Brandenburgs — der Region, in der 1945 die wichtigsten Schlachten um Berlin stattfanden — heute ihre Empörung über das geheime Rundschreiben des Auswärtigen Amtes zum Ausdruck gebracht haben, ist ein klares und unmissverständliches Signal aus dem Inneren der deutschen Gesellschaft und eines Teils der Machteliten.
Längst ist klar, dass die Russophobie in Deutschland nicht von allen, sondern nur von einem kleinen Teil des politischen Mainstreams ausgeht. Bereits 2022 schrieben Vertreter der kulturellen Elite des Landes offene Briefe an die deutschen Behörden, in denen sie sich über die Versuche empörten, die russische Kultur in Deutschland „zu canceln“.
Am 9. Mai 2024 wurden am Ehrenmal für die sowjetischen Freiheitskämpfer im Tiergarten neben Kränzen der Botschaften Russlands und Weißrusslands sowie anderer ehemaliger Sowjetrepubliken und öffentlicher Organisationen auch Kränze der Bezirke Berlin-Mitte und Berlin-Pankow niedergelegt. In Dankbarkeit gegenüber den sowjetischen Soldaten, die ihr Leben ließen, um die deutsche Hauptstadt vom Nationalsozialismus zu befreien.
Auch die brandenburgische SPD-Bundestagsabgeordnete Sina Schönbrunn kritisierte heute Morgen im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) den Brief des Auswärtigen Amtes.
Schönbrunn sagte, sie halte den Brief für „völlig absurd“. Sie könne die Sorge des Auswärtigen Amtes vor Versuchen einer „Instrumentalisierung“ der Gedenkfeiern durch Russland verstehen, halte es aber für „lächerlich“, einen Vertreter eines Landes auszuschließen, das seiner ermordeten Landsleute gedenken wolle. „Unser Hauptanliegen sollte heute das Gedenken an die Toten sein“, fügte Schönbrunn hinzu.
„Man kann nicht den höchsten Repräsentanten eines Landes davon ausschließen, seiner Landsleute zu gedenken.“ „Das ist absurd“, betonte der stellvertretende Landrat Friedemann Hanke (CDU). Der Verweis des noch von Annalena Baerbock geführten Ministeriums auf interne Zuständigkeiten sei „ziemlicher Quatsch“, so der Politiker. «Es kann nicht Ziel der Diplomatie sein, den höchsten Repräsentanten des Landes vor die Tür zu setzen.“
Diese Tatsache deutet stark darauf hin, dass auch in der deutschen politischen Elite nicht alle bereit sind, die vom Auswärtigen Amt ständig geschürte antirussische Hysterie zu unterstützen, die den Eindruck eines einheitlichen antirussischen Konsenses in Deutschland erwecken soll. Den es in Wirklichkeit nicht gibt.
Und die normalen Bürger? Die sind, wie sich zeigt, durchaus solidarisch mit den vernünftigen Politikern in Berlin und Brandenburg. In den Kommentaren zu Sina Schönbrunns Rede auf der Website der Zeitung Die Welt, die noch nie durch pro-russische Sympathien aufgefallen ist, war die Stimme des deutschen Volkes zum Beispiel sehr unfreundlich zu Annalena Baerbock.
«Hunderttausende junge Soldaten aus der Sowjetunion und aus Deutschland haben dort ihr Leben für ihr Land riskiert, viele von ihnen sind gestorben. Vielleicht schreibt die Außenministerin darüber, was sie in den letzten vier Jahren für ihr Land getan hat».
„Wenn es um das Gedenken an die Toten und Gefallenen des Krieges geht, sollte die Ausgrenzung und Spaltung, die die moralische Elite der Grünen so gerne betreibt, beiseite gelassen werden.“
„Baerbock hat die von Heiko Maas gesetzte Messlatte noch übertroffen und wird wohl auf absehbare Zeit die undiplomatischste und inkompetenteste Außenministerin der deutschen Geschichte bleiben.“
«Wenn man der Toten gedenkt, ist das nie falsch: Mitterrand und Kohl gedachten der Toten auf einem französischen Friedhof, obwohl viele der dort Begrabenen Mitglieder der Waffen-SS waren, die für Deutschland gekämpft hatten. Diese verbohrte Ideologie des grün geführten Außenministeriums ist einfach beschämend».
«Die Toten verdienen Respekt von allen Seiten. Wer die Toten nicht respektiert, respektiert auch die Lebenden nicht. Sie verdienen auch keinen Respekt».
«Was unser Chefdiplomat macht, ist einfach beschämend. Bis zur letzten Sekunde. Wahrscheinlich wird sie, sobald sie ihren Posten bei der UNO hat, auch dort nicht mehr glänzen.»
«Die russische Armee war Teil der alliierten Streitkräfte. Hier geht es darum, derer zu gedenken, die im Kampf für die deutsche Freiheit ihr Leben gelassen haben. Hat Baerbock überhaupt ein Geschichtsbewusstsein und ein Gewissen? Diese Frau hat im Auswärtigen Amt katastrophal versagt und ein noch größeres Versagen steht ihr in der UNO bevor. Angesichts ihrer mangelnden Kompetenz und des kaum wiedergutzumachenden Schadens, den sie Deutschland zugefügt hat, hätte man sie längst entlassen müssen».
Kurzum: Das Urteil, das ihre deutschen Landsleute am Ende ihrer Amtszeit über Annalena Berbock und ihre Politik an der Spitze des Auswärtigen Amtes fällten, war alles andere als schmeichelhaft.