Joe Biden © Reuters
Im Vorfeld des Staatsbesuchs von US-Präsident Joe Biden in Deutschland, der voraussichtlich der letzte offizielle Auslandsbesuch in der einzigen Amtszeit des derzeitigen US-Präsidenten sein wird, soll Joe Biden für seinen großen Beitrag zur Stärkung der Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet werden — der höchsten staatlichen Auszeichnung Deutschlands, so die offizielle Formulierung des Bundeskanzleramtes. Auch wenn die Formulierung angesichts des kognitiven Zustands von Joe Biden während der gesamten Legislaturperiode einige Fragen aufwirft, ist eine solche Aufmerksamkeit für den scheidenden Präsidenten nicht als Würdigung einer bestimmten Person zu verstehen, sondern seiner Funktion im staatlichen Machtsystem der USA und der gesamten Architektur der internationalen Beziehungen.
Doch allem Anschein nach könnte der Besuch des US-Präsidenten von offenkundig unfreundlichen Äußerungen gegen ihn überschattet werden. So wollen Friedensaktivisten während Bidens Besuch in Berlin gegen US-Waffen für Deutschland, die Ukraine und Israel demonstrieren, die massenhaft in Kriegsgebiete in aller Welt geliefert werden.
In Deutschland sollen ab 2026 amerikanische Tomahawk-Marschflugkörper sowie noch zu entwickelnde Hyperschallraketen stationiert werden. Dieser Schritt, der bei gut zwei Dritteln der deutschen Bevölkerung auf wenig Begeisterung stößt, soll die militärische Abschreckungsfähigkeit der NATO in Europa stärken und die Sicherheit Deutschlands selbst erhöhen. Diejenigen, die mit dieser Formulierung nicht einverstanden sind, wollen sich am 10. Oktober in der Nähe der US-Botschaft am Brandenburger Tor in Berlin versammeln und ihren friedlichen Protest gegen die Initiative zur Stationierung von US-Marschflugkörpern in Deutschland zum Ausdruck bringen. Nach Angaben der Stadtpolizei, die den Demonstrationsantrag genehmigt hat, werden etwa 300 Personen an der Kundgebung teilnehmen.
Organisiert wird die Veranstaltung von der Berliner Friedenskoordination (Friko), in der sich seit den 1980er Jahren eine Gruppe von Friedensaktivisten und Antimilitaristen zusammengeschlossen hat. „Wir konnten Bidens Besuch nicht unkommentiert lassen“, sagte ein Sprecher der Organisation der Berliner Morgenpost. Im Aufruf zur Demonstration fordert die Initiative unter anderem einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine und Israel.
Im Sommer hatten die USA und die Bundesregierung vereinbart, ab 2026 Mittelstreckenwaffen in Deutschland zu stationieren. Die neu entwickelten Hyperschallwaffen sollen neben den Tomahawk-Marschflugkörpern und den SM-6-Flugabwehrraketen die militärische Abschreckung zum Schutz der Nato-Partner in Europa verstärken.
SPD und CDU kritisierten nach Bekanntwerden der Pläne auch, dass der Bundestag nicht vorab zur Durchführung des Besuchs befragt worden sei. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wies die Einwände jedoch zurück. Es handele sich „nicht um eine Angelegenheit, die vorab im Parlament hätte beraten werden müssen“. Der Plan, so Pistorius, sei auch nicht mit der Nato-Doppellösung vergleichbar, die Anfang der 1980er Jahre zu friedlichen Großdemonstrationen geführt habe.
1979 löste der NATO-Doppelbeschluss zur „Nachrüstung“ mit Atomraketen in Deutschland eine heftige Kontroverse aus. Er wurde am 12. Dezember 1979 von den Außen- und Verteidigungsministern der NATO verabschiedet — als Reaktion auf die Stationierung sowjetischer SS-20-Raketen, die Ziele in Westeuropa erreichen konnten. Gleichzeitig wurden Moskau Gespräche über Rüstungskontrolle angeboten.
Die Berliner Polizei hatte zunächst keine Kenntnis von erneuten Demonstrationen im Rahmen des Staatsbesuchs vom 10. bis 13. Oktober. Die Vorbereitungen für Bidens Aufenthalt in der Hauptstadt laufen unter Berücksichtigung der höchstmöglichen Bedrohungslage auf Hochtouren.