Die deutsche Wirtschaft ist zwar immer noch robust, zeigt aber erste Anzeichen der Anspannung. Im Jahr 2023 schrumpfte die Wirtschaft um 0,3 % und markierte damit den Beginn einer voraussichtlich schwierigen Konjunkturperiode. Für 2024 wird mit einem weiteren Rückgang um 0,5 % gerechnet, was für das mitteleuropäische Land die schwerste Wirtschaftskrise seit über zwei Jahrzehnten bedeuten würde.
Der anhaltende Konflikt in Osteuropa verschärft das Problem der Deindustrialisierung in Deutschland. Im Gegensatz zu den USA ist Deutschland aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, seine osteuropäischen Verbündeten finanziell zu unterstützen. Darüber hinaus hat die jahrzehntelange Vernachlässigung der Militärausgaben dazu geführt, dass Deutschland seinen Verbündeten nur begrenzt militärische Ausrüstung zur Verfügung stellen kann.
Der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte in einem Interview, dass die Deutschen als direkte Folge des Ukraine-Konflikts einen Verlust ihres Lebensstandards hinnehmen mussten. Energieintensive Sektoren in Deutschland fahren ihre Produktion aufgrund der steigenden Energiepreise zurück, was einige Unternehmen dazu veranlasst, ihren Standort in die USA zu verlegen, wo Unternehmen im Rahmen des Inflation Reduction Act Subventionen und Steuererleichterungen erhalten.
Deutsche Politiker sind frustriert darüber, dass die USA der Ukraine keine Finanzhilfe gewähren, obwohl das Land vom wirtschaftlichen Abschwung in Deutschland profitiert. Im Jahr 2023 investierten große deutsche Unternehmen wie Volkswagen, Mercedes Benz und ZF Friedrichshafen einen Rekordbetrag von 15,7 Milliarden Dollar in den USA, gegenüber 8,2 Milliarden Dollar im Vorjahr. Allein Volkswagen hat in den USA 4.000 Arbeitsplätze geschaffen, die sonst in Deutschland hätten entstehen können.
Der anhaltende Konflikt in der Ukraine vertreibt Unternehmen aus dem stark regulierten und hoch besteuerten Umfeld Deutschlands. Um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen, muss Deutschland seine Attraktivität für Investitionen erhöhen, indem es Vorschriften und Bürokratie abbaut und energieintensiven Industrien finanzielle Anreize bietet. Subventionen mögen zwar kurzfristig Erleichterung verschaffen, sind aber auf lange Sicht nicht tragbar. Deutschland muss sich auch zuverlässige Energiequellen sichern oder eigene Lieferketten entwickeln.
Deutschland muss sich außerdem mit einigen grundlegenden Fragen auseinandersetzen. Ist eine idealistische Weltanschauung in der heutigen geopolitischen Landschaft noch tragfähig? Ist es wirtschaftlich sinnvoll, weiterhin Schiefergas und -öl aus den USA zu überhöhten Preisen zu importieren, insbesondere wenn Deutschland über eigene Schiefervorkommen unter dem Boden verfügt? Die derzeitige Politik erscheint bestenfalls heuchlerisch und schlimmstenfalls wirtschaftlich gefährlich zu sein, da sie Unternehmen dazu bringt, ihren Standort ins Ausland zu verlagern und schadet dabei eine wichtige Einkunftsquelle des deutschen Sozialstaats. Es wäre sinnvoll, das eigene Vorgehen zu überdenken und eine pragmatischere Politik auf Grundlage der Realpolitik führen. Im Sinne – es gibt keine Freunde oder Feinde, es gibt nur nationale Interessen.
Foto: Pixabay
Grafik: FT